Denn da wären da ja auch noch die Hormone.
Viele Frauen können sicherlich ein Lied davon singen.
Magenkrämpfe während der Tage, Stimmungsschwankungen und Fressattacken gehören für manche zum immer wiederkehrenden monatlichen Alltag.
Da liegt die Frage nahe, ob es eine spezielle Trainingsempfehlung für Frauen gibt und wenn ja, wie diese aussehen.
Hat der Zyklus nur Nachteile oder kannst Du als Frau ihn Dir auch zunutze machen?
Kleine Nachhilfestunde in Biologie: Der weibliche Zyklus
Da bei diesem Thema doch recht viele Fachbegriffe auftauchen, ist es ratsam, sich den weiblichen Zyklus noch einmal genauer anzusehen.
(Aber keine Sorge: Ich bin keine Biologin und musste mir die ganzen Informationen auch erst noch einmal draufschaffen…)
In der Literatur wird meistens von einem 28-Tage-Zyklus ausgegangen.
Der Einfachheit halber beziehe ich mich vorerst nur auf diesen standardisierten 4-Wochen-Zyklus, auch wenn er wohl kaum auf alle Athletinnen zutrifft.
Unten in der Grafik sind verschiedene wichtige Prozesse im weiblichen Körper dargestellt.
- Ein Zyklus beginnt immer mit dem ersten Tag der Menstruation. Während der ersten 3-6 Tage des Zyklus wird die Gebärmutterschleimhaut abgestoßen. (Diese ist eigentlich dazu gedacht, dass sich eine befruchtete Eizelle dort einnisten kann. Tritt keine Schwangerschaft ein, werden die überflüssigen Zellen „entsorgt“.)
- Parallel dazu beginnt die Bildung einer neuen Eizelle im sogenannten Follikel in den Eierstöcken. Eigentlich gibt es mehrere Follikel, aber nur eines überlebt letztendlich.
- Etwa in der Mitte des Zyklus, zwischen Tag 12 und 16 erfolgt der Eisprung, auch Ovulation genannt. Dabei wird die Eizelle aus dem Follikel freigesetzt. Während das Follikel seine Form verändert und zum Gelbkörper wird, besteht für die Eizelle innerhalb der nächsten 12-18 Stunden die Chance einer Befruchtung.
- In der zweiten Hälfte des Zyklus stellt sich der Körper auf eine mögliche Schwangerschaft ein. Die Gebärmutterschleimhaut wird wieder aufgebaut, damit eine eventuell befruchtete Eizelle sich dort einnisten kann. Da in dieser Phase keine (weitere) Befruchtung stattfinden kann, sind das die unfruchtbaren Tage.
- Wurde die Eizelle nicht befruchtet, kommt es gegen Ende des Zyklus erneut zum Abbau der Gebärmutterschleimhaut und damit zur Periode.
Weibliche Hormone und ihre Wirkung
Entsprechend der Prozesse im weiblichen Körper lassen sich grob 3 Phasen innerhalb des Zyklus ableiten:
- Follikelphase (Tag 1 bis 12 ± 4)
- Eisprung/Ovulation (zwischen Tag 12 und 16)
- Gelbkörperphase/Lutealphase (bis zum Ende des Monatszyklus, in der Regel 14 Tage lang)
Innerhalb dieser 3 Phasen wirken verschiedene weibliche Hormone unterschiedlich stark.
Von Relevanz für die Stimmung und sportliche Leistungsfähigkeit sind dabei vor allem die beiden Gegenspieler Östrogen und Progesteron.
Wirkung der Hormone auf Stimmung und Leistungsfähigkeit
Östrogene in der Follikelphase
In der Follikelphase ist die Konzentration der Hormone im Blut noch recht niedrig.
Erst nach und nach steigt die Östrogenkonzentration an, bis sie etwa zeitgleich mit dem Eisprung ihren Höhepunkt erreicht.
Östrogene wirken stimmungsaufhellend und aktivierend. Manche empfinden das als regelrechtes Stimmungshoch, bei dem sie Bäume ausreißen könnten.
Auch für die sportliche Leistungsfähigkeit sind die Östrogene von Bedeutung.
Sie stärken Knochen und Immunsystem. Deshalb werden sie zum Teil auch als als Therapiemittel gegen Osteoporose eingesetzt.
Daneben wird den Östrogenen auch eine anabole Wirkung nachgesagt. Das heißt, dass die Fähigkeit, Muskeln aufzubauen und sich von intensivem Training zu erholen, durch sie besonders unterstützt wird.
Östrogene fördern also Muskelwachstum und Regeneration nach hochintensiven Einheiten.
Das gilt es beim Training nach dem weiblichen Zyklus zu beachten
Progesteron und Relaxin in der Gelbkörper-/Lutealphase
In der Gelbkörperphase nach dem Eisprung dominiert das sogenannte Gelbkörperhormon Progesteron.
Dieses ist vor allem für die Vorbereitung einer möglichen Schwangerschaft zuständig und sorgt für Müdigkeit und einen eher gedämpften Gemütszustand.
Progesteron besitzt also die genau entgegengesetzte Wirkung von Östrogen: Es senkt die Stimmung und hemmt außerdem Muskelwachstum und Regenerationsfähigkeit.
Zusätzlich erhöht sich beim Eisprung die Körpertemperatur merklich, nämlich um etwa ein halbes Grad. Das macht sich in der Gelbkörperphase negativ bemerkbar.
Eine erhöhte Temperatur bedeutet Stress für den Organismus. Auch das senkt die Leistungsfähigkeit in der zweiten Zyklushälfte.
Zusätzlich rufen die Hormonschwankungen in den Tagen vor der Periode bei einigen Frauen PMS hervor.
Das sogenannte prämenstruelle Syndrom kann sich durch viele Symptome bemerkbar machen.
Die Betroffenen leiden u.a. unter Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen, Ess- und Schlafstörungen sowie Hautunreinheiten, Wassereinlagerungen und depressiven Verstimmungen.
Gegen Ende des Zyklus wird zusätzlich Relaxin ausgeschüttet. Dieses spielt deshalb eine Rolle, weil es die primär Bänder der Beckenmuskulatur lockert.
Gemeinsam mit dem Östrogen wirkt das Relaxin aber auch destabilisierend auf die restlichen Bänder und Sehnen im Körper.
Kurz vor und während der Periode ist daher das Verletzungsrisiko besonders hoch.
Was bedeutet das jetzt für das Training nach dem weiblichen Zyklus?
Dem Hormonspiegel nach zu urteilen, wäre ein Training in der Follikelphase besonders effektiv.
Allerdings mit der Einschränkung, dass während der Periode kein allzu intensives oder technisch anspruchsvolles Training erfolgt, um keine Verletzungen zu riskieren.
Zusätzlich kommt die Schwierigkeit, dass manche Frauen während der Menstruation die größten körperlichen Probleme haben.
Also bleibt im Endeffekt nur die 2. Woche für ein effektives Training übrig.
Denn dann folgt schon der Eisprung (zwischen Tag 12 und 16), ab dem sich die Körpertemperatur erhöht.
In der Gelbkörperphase scheint das Training je nach Stimmung zwar gut möglich zu sein. Doch der Körper kann sich davon offenbar nicht so gut erholen und ist grundsätzlich weniger leistungsfähig.
Soweit zumindest die Theorie.
Und die Praxis?
Im Kraftsportbereich
Einige Studien stützen diese Vermutung, dass das Training in der Follikelphase effektiver ist als das in der Gelbkörperphase.
Sie empfehlen entsprechend, sich beim Training nach dem weiblichen Zyklus auf die erste Hälfte zu konzentrieren und es in der zweiten Hälfte ruhiger angehen zu lassen.
Das hieße grob: 2 Wochen Power – 2 Wochen Entlastung.
Andere Studien belegen dagegen, dass es keinerlei Unterschied macht, wann frau trainiert.
Insgesamt stammen die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen jedoch aus dem Kraftsportbereich.
Zum Teil wurden sie auch nur mit sehr wenigen, manchmal sogar untranierten Probandinnen durchgeführt.
Das ist natürlich wenig aussagekräftig bzw. schwer auf den Ausdauersport übertragbar.
Im Ausdauersport
Die Studienlage im Ausdauerbereich ist sogar noch problematischer.
Zwei Untersuchungen legen zwar nahe, dass weibliche Hormone keinen Einfluss auf Trainingsdaten wie das maximale Sauerstoffvolumen (die VO2max) oder die Laktatkonzentration ausüben.
Auch die Herzfrequenz und die Menge der roten Blutkörperchen sollen von Östrogenen und Progesteron unbeeinflusst bleiben.
Allerdings waren die Teilnehmerinnen in der ersten Studie bereits 42-45 Jahre alt, also kurz vor den Wechseljahren.
Und die Stichprobengröße der zweiten Studie war mit 8 Probandinnen einfach zu gering, um allgemeine Aussagen zu treffen.
Zwischenfazit weiblicher Zyklus: Nichts genaues weiß man nicht!
Insofern wirkt die Welt der Wissenschaft nicht viel Konstruktives zum Thema beizutragen.
Denn obwohl in mehreren Artikeln an Frauen appelliert wird, ihr Training nach dem weiblichen Zyklus auszurichten, gibt es keine konkreten Hilfestellungen zur Umsetzung!
Die einzigen Empfehlungen sind Standardtipps wie das Führen einer Zykluskalenders, Selbstbeobachtung und die Rücksprache mit dem Trainer.
Der Haken an der Sache
Der „normale Zyklus“ existiert nicht!
Als ob das so einfach wäre!
Ein normaler Zyklus hat selten 28 Tage. Zum Teil variiert er bei ein und derselben Frau von Monat zu Monat.
Das bedeutet: Zwischen 23 und 35 Tagen ist eigentlich alles im Rahmen. Bei manchen kommen auch noch Zwischenblutungen dazu.
Worauf soll frau sich da verlassen?
Diskussion am Thema vorbei?
Laut Theorie ist nicht die Menstruation der ausschlaggebende Begrenzer, sondern der Eisprung!
Doch wann findet der bitteschön statt?
Neuartige Apps und Eisprungrechner können bei unregelmäßigen Zyklen zum Teil noch nicht einmal den Regeltermin eindeutig vorhersagen.
Also lässt sich der Eisprung eigentlich nur durch tägliche Temperaturmessung und Untersuchung des Zervixschleims halbwegs bestimmen, so wie es auch in der natürlichen Familienplanung üblich ist.
Allerdings ist diese Methode dann doch schon sehr aufwändig und verlangt die Bereitschaft, sich sehr eingehend mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen.
Und eigentlich haben die meisten Frauen wahrscheinlich weniger Probleme mit dem Eisprung als mit Beschwerden rund um die Tage.
Zum Beispiel, wenn sie am Wettkampftag unvorhergesehen mit starken Blutungen und Unterleibsschmerzen zu kämpfen haben.
Selbst Daniela Ryf sagte einmal in einem Interview, die Periode sei ihr größter Schwachpunkt.
Und dabei hat sie 2015 trotz heftiger Bauchkrämpfe ihren ersten von bis jetzt vier Ironmantiteln auf Hawaii geholt!
Natürlich geht es nicht allen Frauen so. Manche haben keinerlei Probleme.
Aber auch für sie ist fraglich, ob eine so geartete Trainingsplanung etwas nützt. Schließlich scheint das ganze Thema von vielen individuellen Variablen abzuhängen.
Die einzige Möglichkeit, diese zu umgehen, wären künstliche Hormone!
Also doch lieber die Pille nehmen?
Frauen, die hormonell verhüten, sind quasi fein raus.
Denn nach allem, was bisher bekannt ist, nivelliert die Pille die hormonellen Schwankungen eines natürlichen Zyklus.
Das heißt, natürliche Östrogene und Progesteron spielen quasi keine Rolle mehr. Es gibt nicht mehr dieses Auf und Ab der Hormone.
Die Leistungsfähigkeit sporttreibender Frauen wird also durch hormonelle Verhütungsmittel nicht beeinträchtigt, sondern eher verbessert.
Außerdem werden die Blutungen durch die Pille gemindert und Schmerzen häufig beseitigt.
Noch dazu hat ein durch künstliche Hormone gesteuerter 28-Tage-Zyklus den Vorteil, besser planbar zu sein. Was bei Wettkämpfen ja durchaus wünschenswert ist.
Doch verständlicherweise will nicht jede Frau das.
Und manche vertragen die künstlichen Hormone oder deren Nebenwirkungen auch einfach nicht.
Mädels, werdet aktiver!
Wir als Frauen sollten selbst anfangen, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen. Unangenehme Fragen zu stellen. Es selbst auszuprobieren. Und über unsere Erfahrungen zu berichten!
Denn in der eher männerdominierten Sportbranche haben offenbar wenige Interesse, sich mit derartigen Problemen und Fragestellungen herumzuschlagen.
Dabei wäre es so wichtig, dass in der Forschung nicht nur Trainingsmethoden für Männer erprobt würden!
Sondern auch mal ein handfestes Konzept für das Training nach dem weiblichen Zyklus!
Und zwar für alle! Ob nun mit oder ohne hormonelle Verhütung, mit und ohne regelmäßigen Zyklus oder mit und ohne Beschwerden.
Dann hätten viele vielleicht auch mehr Lust auf Triathlon und andere (Leistungs)sportarten!
Mission Triathlon Podcast
Sofort abonnieren und nichts mehr verpassen!
*Affiliate-Links – Du bekommst ein gutes Angebot von uns empfohlen - natürlich ohne Zusatzkosten für Dich - und wir erhalten eine kleine Provision wenn Du kaufst. Damit finanziere Du Mission Triathlon ein bisschen mit. Mehr Infos, wie Du uns unterstützen kannst, findest Du auch hier.
Hinweis: All unsere Empfehlungen wurden sorgfältig ausgewählt, erarbeitet und geprüft. Sie richten sich an gesunde Erwachsene, die keine (Vor)Erkrankungen aufweisen. Keiner unserer Artikel kann oder soll Ersatz für kompetenten medizinischen Rat bieten. Bevor Du mit dem Training beginnst, konsultiere bitte einen Arzt und lass Dich durchchecken.
Sehr guter Artikel und ich bin sehr froh, dass du dich doch entschlossen hast, ihn zu veröffentlichen, Lotta.
Ich hoffe ebenfalls, dass sich mehr und mehr Menschen mit dem Thema intensiv auseinandersetzen. Aktuell gibt es ja tatsächlich kaum Erkenntnisse zu diesem Thema.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur raten, sich auch mit dem Thema „Progesteronmangel“ sowie Histaminarme Ernährung auseinander zu setzen, sollte man an starken Einschränkungen beim Training während und vor der Tage leiden.
Viele Grüße
Karin
Liebe Karin,
vielen Dank für Dein Feedback! Ich merke auch immer mehr, wie viele Mädels beginnen, sich für dieses Thema zu interessieren.
Das ist eigentlich ein gutes Zeichen.
Ich hoffe, dass es in Zukunft weitere Hilfestellungen gibt und wünsche mir, dass wir Frauen immer mutiger werden, darüber zu reden und uns so zu akzeptieren, wie wir sind, nämlich toll und einzigartig!
Beste Grüße
Lotta
Toller Artikel. Ich merke, dass ich in der Woche vor meiner Periode einen „Leistungseinbruch“ habe. Jeder Meter fällt mir schwer, die Beine sind schwer. Während meiner Periode ist alles super und das Laufen hilft gegen Krämpfe und Unwohlsein.
Hallo liebe Katrin,
interessant, dass Du das so direkt spürst. Aber jetzt weißt Du ja, woran es liegt!
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und Motivation im Training!
Beste Grüße
Lotta
Wow, was für ein umfangreicher Beitrag zu einem Thema, zu dem es leider immer noch viel zu wenige Informationen gibt. Ich habe kürzlich die Pille abgesetzt und mich in diesem Zusammenhang natürlich sehr intensiv mit dem natürlichen Zyklus auseinandergesetzt – den Sport habe ich aber bisher noch nicht genauer damit in Verbindung gebracht. Du bringst mich wieder einmal auf Ideen ;)
Liebe Grüsse
Ariana
Danke, liebe Ariana!
Ich hab mich mit diesem Artikel anfangs etwas schwer getan und ihn lange Monate vor mir hergeschoben. Dann fand es aber doch sehr spannend und bin froh, dass es jetzt endlich raus ist! :) Hoffe, er hilft noch vielen anderen Frauen.
Beste Grüße
Lotta