Diesen Eindruck kann man jedenfalls bekommen, wenn unter Athletinnen und Athleten aktuell über das Training „ohne Kohlenhydrate“ diskutiert wird.
Die Argumentation: Besonders Frauen müssten eigentlich immer etwas vor dem Training essen, um keinen Schaden zu nehmen.
Den einzigen Vorteil, so denken manche, ist doch, dass man damit den Fettstoffwechsel ankurbeln und so die überflüssige Pfunde verlieren kann!
Wir haben uns das Thema einmal vorgeknöpft und uns dabei vor allem die Mythen rund um das Thema Nüchterntraining angesehen.
❗️ Höre hier im Mission Triathlon Podcast mehr über das Nüchterntraining
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Nüchterntraining – was heißt das überhaupt?
Um zunächst einmal Missverständnisse auszuräumen, müssen wir darüber sprechen, was Nüchterntraining eigentlich bedeutet.
Der Begriff ist etwas irreführend.
Er bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass man vor dem Training noch nicht gegessen oder getrunken haben darf.
Vielmehr geht es um eine Trainingsmethode mit (vor-)entleerten Kohlenhydratspeichern.
Das kann man natürlich morgens, wenn man über Nacht quasi ca. 8 Stunden „gefastet“ hat, am einfachsten bewerkstelligen.
(Idealerweise sollte man am Vorabend sogar wenig Kohlenhydrate zu sich genommen haben – also keine Pasta-Party bitte!)
Es ginge aber rein theoretisch auch, wenn man über einen längeren Zeitraum (ab 4-5 Stunden) vor der entsprechenden Einheit keine Kohlenhydrate mehr zu sich genommen hat.
Fette und Proteine sind erlaubt, genauso wie pures Wasser, Tee oder Kaffee, denn sie beeinflussen den Blutzuckerspiegel nicht.
In Deutschland ist der Begriff Nüchterntraining immer noch am bekanntesten, obwohl zwischenzeitlich auch die Bezeichnung „train low“ (für Training mit entleerten Glykogenspeichern) aufgekommen ist.
„Train low“ wird allerdings auch die Methode genannt, bei der Athletinnen und Athleten im Gebirge leben, aber in der Ebene trainieren.
Insofern müssen wir mit dieser begrifflichen Unschärfe bzw. der Verwechslungsgefahr leben und uns darauf einigen:
Beim Nüchterntraining geht es darum, mit möglichst wenig Kohlenhydraten unterwegs zu sein.
Wie und wozu, darum geht es im Folgenden!
Was bringt Nüchterntraining für Vorteile?
Hierzu müssen wir ein bisschen weiter ausholen.
Wie du sicher weißt, hat der Körper grob gesagt zwei Energiequellen: die Kohlenhydrate und die Fette.
Ersteres wird bevorzugt „verbrannt“, weil das einfach schneller geht und dafür keine weiteren „Zutaten“ nötig sind.
Der Haken an der Sache ist: Kohlenhydrate sind nur begrenzt verfügbar. Der Körper speichert – je nach Fitnessgrad – 300-500 g Carbs in Muskeln und Leber.
Das reicht also nur für eine relativ kurze Einheit oder einen Wettkampf unter 2 Stunden aus.
Man kann natürlich auch noch Carbs während der Belastung zu sich nehmen.
Doch gerade, wenn man das nicht gewohnt ist, kann das zu Verdauungsbeschwerden führen.
Für längere Belastungen wie einen Marathon, eine Triathlon-Mittel- oder Langdistanz ist es daher ratsam, auch den Fettstoffwechsel zu trainieren.
So lernt der Körper, aus den sozusagen unbegrenzt verfügbaren Fettreserven Energie herzustellen, anstatt sofort die Kohlenhydratspeicher zu plündern.
Die Fettverbrennung funktioniert jedoch immer nur in Kombination mit Sauerstoff, also bei einem moderaten Tempo, wo man eben noch genug Luft bekommt.
Daher sollten solche Nüchterntrainings auch kein allzu intensives Programm beinhalten, sondern in Zone 2 vonstatten gehen.
Physiologisch gesehen sorgen solche Grundlageneinheiten ohne Kohlenhydratzufuhr für einen Anpassungsreiz.
Sie regen nämlich das Mitochondrienwachstum an.
Diese Zellbestandteile sind dafür bekannt, dass die die Energie aus Kohlenhydraten und Fetten gewonnen werden kann.
Wenn wir nun mehr oder leistungsfähigere Mitochondrien besitzen, sollte das eigentlich unsere allgemeine Leistungsfähigkeit verbessern.
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Mehr InformationenMacht Fettstoffwechseltraining schneller?
Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort.
Sicher kann dir Fettstoffwechseltraining helfen, deine Leistung länger aufrecht zu erhalten, weil du eben nicht nach einer gewissen Strecke beim Marathon einbrichst.
Insofern könnte man sagen: ja, ein gut trainierter Fettstoffwechsel macht dich schneller – im Vergleich zu einem Marathon, wo du sonst am Ende gehen müsstest oder zumindest das Tempo deutlich drosseln.
Andererseits liegt es aber auch auf der Hand, dass die Verbrennung von Fetten nicht nur länger dauert, sondern auch aufwändiger für den Körper ist.
Daher liefert der Fettstoffwechsel eben auch keine „schnelle Energie“, die du bei Intervallen oder Sprints benötigst.
Überhaupt ist es fraglich, ob du deinen Fettstoffwechsel trainieren musst, wenn du nur auf Sprint- und Olympischen Distanzen unterwegs bist.
Hier ist es besser, den Fokus auf die Kohlenhydrate zu legen, die schneller verstoffwechselt werden können.
Die bekannten Magenprobleme treten in der Regel auf den kürzeren Distanzen seltener auf.
Somit besteht keine Notwendigkeit, den Fettstoffwechsel gezielt zu trainieren.
Verliert man beim Nüchterntraining nicht Muskeln?
Eine mehr oder weniger berechtigte Sorge ist die, dass Nüchterntraining langfristig für einen Muskelabbau sorgt.
Erklären lässt sich das damit, dass der Körper ja, wenn er es nicht gewohnt ist, auf die Fette zurückzugreifen, ab einem bestimmten Punkt in einen Energienotstand gerät und dann auf andere schnell verfügbare Stoffe zurückgreift, nämlich die körpereigenen Proteine.
Diese Sorge ist tatsächlich nicht ganz unbegründet.
Um negative Effekte zu verhindern solltest Du beim Nüchterntraining auf jeden Fall folgende Punkte beachten:
- Nüchterntraining nur in moderatem Tempo (Grundlagenausdauer) durchführen
- die Einheit zeitlich begrenzen (maximal 1,5 Stunden nüchtern)
- alternativ nach einer gewissen Zeit Kohlenhydrate zuführen (und trotzdem weiter trainieren)
- auf jeden Fall hinterher gut verpflegen: mit Kohlenhydraten und Proteinen
Nachweislich schützt das Vorhandensein von Kohlenhydraten die Muskeln, sodass der Körper sich nicht selbst kannibalisiert.
Wenn Du Deine Nüchternläufe nicht unendlich ausdehnst bzw. ab etwa 75 Minuten Kohlenhydrate zuführst, besteht weniger Gefahr, dass Du Muskeln durchs Nüchterntraining verlierst.
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Mehr InformationenSchadet Nüchterntraining dem Hormonhaushalt?
In den vergangenen Jahren wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass besonders Frauen sich vor Nüchterntraining hüten sollten.
Das Argument: Nüchterntraining sei Stress für den Körper und wirke sich negativ auf den Östrogenspiegel aus.
Somit könnte es Zyklusbeschwerden oder gar eine verfrühte Menopause begünstigen.
Auch auf die männlichen Sexualhormone, v.a. Testosteron, soll das Nüchterntraining negative Effekte haben.
Hierzu sind uns jedoch keine Studien bekannt. (Wer welche kennt, möge sie gerne liefern.)
Besonders interessant ist auch die Argumentation, dass zu viel Stress dem Körper schade.
Dabei beruht das gesamte Trainingskonzept auf Stressreizen (Training) und Anpassungsreaktionen.
Wozu sonst sollte man Intervalltraining oder sonstige anstrengende Trainingsmethoden absolvieren?
Auch da wird ja eine Menge Cortisol ausgeschüttet.
Abgesehen davon, dass hier noch viel Forschung nötig ist, sollte jede und jeder einzelne hier auf Symptome des Körpers achten und ggf. das Nüchterntraining bleiben lassen.
Warnsignale wie das Ausbleiben der Periode, eine gesunkene Libido oder eine längere Verletzungshistorie sind Hinweise, dass die Energieversorgung des Körpers nicht optimal funktioniert.
An dieser Stelle ist Nüchterntraining als zusätzlicher Stressor nicht unbedingt förderlich.
Es gilt aber zu bedenken, dass es viele weitere Stressoren im Alltag (Familie, Beruf) gibt, die ebenfalls auf den Hormonhaushalt wirken und die dementsprechend genauso berücksichtigt und angegangen werden müssten.
Kann man mit Nüchterntraining abnehmen?
Diese Frage kann ganz eindeutig mit Nein beantwortet werden.
Oft liegt das Missverständnis vor, dass Fettstoffwechseltraining mit Fettverbrennung gleichgesetzt werden kann.
Für eine Gewichtsreduktion ist jedoch eine negative Kalorienbilanz notwendig.
Das heißt: Du musst mehr Energie verbrauchen als Du zuführst.
Sprich: weniger essen oder (noch) mehr Sport treiben.
Mit Fettstoffwechseltraining hat dieser Mechanismus herzlich wenig zu tun.
Fazit
Im Falle von Nüchterntraining gilt es abzuwägen: wiegen die positiven Effekte (Verbesserung des Fettstoffwechsels) potentielle Gefahren (Hormonhaushalt, Muskelabbau) auf?
Und brauchst Du für Deine sportlichen Ziele überhaupt Nüchterntraining?
Wenn Du ohnehin nur Wettkämpfe auf der Kurzdistanz machst, brauchst Du Dir also gar nicht erst den Kopf zu zerbrechen, sondern kannst weiterhin Deine Einheiten mit Kohlenhydraten versorgen.
Genausowenig, wenn Du Angst davor hast oder es Dir schwer fällt, ohne Kohlenhydrate zu trainieren.
Wer dagegen Probleme hat, vor dem Training etwas zu essen, muss sich auch dazu nicht zwingen.
Triathlon ist keine Religion und soll vor allem eins: Spaß machen!
Die Studien:
Und in dem Zusammenhang vielleicht auch interessant, aber nicht unbedingt zum Nachmachen empfohlen.
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Mehr InformationenFAQs
Was ist Nüchterntraining?
Nüchterntraining bedeutet, dass Du mit relativ leeren Kohlenhydratspeichern trainierst, oft nach einer langen Fastenperiode wie über Nacht. Es geht darum, dem Körper beizubringen, Energie aus Fettreserven statt aus Kohlenhydraten zu gewinnen.
Welche Vorteile hat Nüchterntraining?
Der Hauptvorteil liegt darin, den Fettstoffwechsel zu verbessern, was vor allem bei längeren Wettkämpfen wie Triathlons nützlich ist. Dein Körper lernt, effizienter auf Fett als Energielieferant zurückzugreifen.
Kann Nüchterntraining zu Muskelabbau führen?
Ja, das Risiko besteht, wenn das Training zu intensiv oder zu lange dauert. Um das zu vermeiden, sollte Nüchterntraining moderat und zeitlich begrenzt durchgeführt werden.
Schadet Nüchterntraining dem Hormonhaushalt?
Einige Studien legen nahe, dass besonders bei Frauen das Hormonhaushalt durch Nüchterntraining beeinträchtigt werden kann. Achte auf Warnsignale Deines Körpers wie Zyklusunregelmäßigkeiten oder reduzierte Energie.
Kann man durch Nüchterntraining abnehmen?
Nüchterntraining führt nicht direkt zu Gewichtsverlust. Für eine effektive Gewichtsreduktion ist eine negative Kalorienbilanz notwendig, also mehr Kalorien zu verbrennen, als Du zu Dir nimmst.
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Hinweis: All unsere Empfehlungen wurden sorgfältig ausgewählt, erarbeitet und geprüft. Sie richten sich an gesunde Erwachsene, die keine (Vor)Erkrankungen aufweisen. Keiner unserer Artikel kann oder soll Ersatz für kompetenten medizinischen Rat bieten. Bevor Du mit dem Training beginnst, konsultiere bitte einen Arzt und lass Dich durchchecken.